Mit der Erfindung sogenannter Pedelecs (Pedal Electric Cycle) sind auch lange, steile Bergstraßen ein Hochgenuß für Radler. Elektrisch unterstützte Fahrräder schaffen den Anstieg fast im Alleingang. Und mit Speed-Pedelecs lassen sich auf gerader Strecke auf große Entfernungen in kürzester Zeit bewältigen. Je nach Muskeleinsatz, kommen diese Fahrräder allerdings auf bis zu 45 km/h. Aus diesem Grund sind für diese eine Fahrerlaubnis der Klasse AM sowie ein Versicherungskennzeichen erforderlich. Außerdem ist es nicht gestattet, Radwege zu benutzen oder ohne Helm zu fahren, so der ADAC.
Ähnliches gilt im Übrigen auch für die dritte Kategorie elektrisch angetriebener Fahrräder, den E-Bikes. Bei denen treibt ein Elektromotor – unabhängig vom Treteinsatz – das Fahrrad an. Vergleichbar mit einem Elektromofa. Je nach der bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit sind dafür besondere Führerscheinanforderungen erforderlich. Der Gesetzgeber hat also frühzeitig erkannt, dass elektrisch angetriebene Fahrräder bei unsachgerechtem Gebrauch eine Gefahr darstellen. Doch wie gefährlich sind Elektrofahrräder beziehungsweise Pedelecs wirklich?
E-Bikes sind nicht grundsätzlich gefährlicher als Fahrräder
Die Unfallforschung der Versicherer (UDV) hat dazu herausgefunden, dass E-Bikes nicht grundsätzlich gefährlicher sich als Fahrräder. Demnach fahren Pedelecs-Nutzer mit einer Tretunterstützung bis 25 km/h – das sind die am häufigsten gekauften – zwar im Schnitt geringfügig schneller als Radfahrer, erleben im Alltag dadurch aber nicht spürbar mehr riskante Situationen. Deutlich schneller sind die sogenannten S-Pedelecs mit einer Tretunterstützung bis maximal 45 km/h unterwegs. Aber auch sie kamen laut UDV-Studie nicht vermehrt in kritische Verkehrssituationen.
"Nicht das Pedelec ist das Problem, sondern die derzeit überwiegende Nutzergruppe. Viele Senioren freuen sich über neu gewonnene Mobilität, haben dann aber Schwierigkeiten mit dem Handling des Pedelecs", weiß Siegfried Brockmann, Leiter der Unfallforschung der Versicherer (UDV) beim GDV.
Die Unfallforscher haben für ihre Untersuchung die Mobilität, die Geschwindigkeit und die Risiken im Verkehrsalltag von Elektroradfahrern im Vergleich zu Fahrradfahrern untersucht und die Einschätzung der gefahrenen Geschwindigkeiten durch Autofahrer beobachtet. Außerdem haben sie die amtliche Verkehrsunfallstatistik analysiert. Für die Fahrverhaltensstudie wurden Sensoren und Kameras an den Zweirädern von 90 Teilnehmern im Alter von 16 bis 83 Jahren installiert. Davon waren 31 Fahrradfahrer, 49 Pedelec-Fahrer und 10 S-Pedelec-Fahrer.
Fahren E-Biker riskanter?
Über einen Zeitraum von vier Wochen wurde das natürliche Fahrverhalten der Teilnehmer aufgezeichnet und hinterher ausgewertet. Dabei stellte sich heraus, dass die Unterschiede in der Nutzung, in den gefahrenen Wegstrecken und bei den Geschwindigkeiten gering sind. Nutzer setzen die Motorunterstützung offenbar in erster Linie ein, um fahrradähnliche Geschwindigkeiten mit geringerem Aufwand zu erreichen. Das gilt besonders für ältere Radfahrer, deren Geschwindigkeiten deutlich unterdurchschnittlich waren.
Autofahrer unterschätzen häufig die Geschwindigkeit
Im zweiten Teil des Projektes haben die UDV-Experten untersucht, ob die Geschwindigkeit von Elektrofahrrädern und anderen Einspurfahrzeugen von Autofahrern richtig oder falsch eingeschätzt werden. Dabei wurde der Einfluss verschiedener Faktoren (z.B. Annäherungsgeschwindigkeit, Alter des Zweiradfahrers, Trittfrequenz) auf die Geschwindigkeitswahrnehmung von Zweiradfahrern überprüft. Tatsächlich unterschätzten die Pkw-Fahrer die Pedelec-Geschwindigkeit häufig, allerdings ohne, dass dies die Sicherheit gefährdete.
Pedelec-Händler haben besondere Verantwortung
Bei der Analyse des Unfallgeschehens fiel auf, dass Pedelec-Unfälle mit Verletzten oder Getöteten überdurchschnittlich häufig außerhalb von Ortschaften passieren. Auch zählten die Experten im Vergleich zu den Fahrradfahrern deutlich mehr Alleinunfälle und Unfälle auf Gefällestrecken. „Nicht das Pedelec ist das Problem, sondern die derzeit überwiegende Nutzergruppe“, sagt UDV-Leiter Siegfried Brockmann. „Viele Senioren freuen sich über neu gewonnene Mobilität, haben dann aber Schwierigkeiten mit dem Handling des Pedelecs. Hier sind die Händler in einer besonderen Verantwortung, bei der Auswahl des optimalen Geräts sachkundig zu beraten und die Pedelec-Fahrer ausführlich einzuweisen.“