Zum Auftakt ihrer vierten und letzten Saison mit ihrer Aprilia RS 125 spricht die Höhenkirchnerin im Interview über ihre Erfahrungen als junge Rennfahrerin, ihre Motivation sowie ihre sportlichen und beruflichen Zukunftspläne.
2012 ist Deine vierte Saison im ADAC Junior Cup. Inwiefern glaubst Du, hilft Dir Deine Erfahrung, Dich gegenüber den neuen Fahrern im Cup zu behaupten?
Da ich im dritten Jahr mit meiner Aprilia fahre, haben wir mittlerweile eine sehr enge Beziehung und kennen uns fast in-und-auswendig. Das ist denke ich ein großer Vorteil. Außerdem kenne ich alle Strecken auf denen wir fahren werden; das ist natürlich auch sehr hilfreich.
Im Laufe der Saison wirst Du 21 Jahre alt. Damit hast Du die Altersgrenze für den Cup erreicht, es ist also auch Dein letztes Jahr in dieser Serie. Mit welchen Erwartungen und Zielen gehst Du diese letzte Saison an?
Ich werde die letzte Saison noch mal richtig genießen, besonders das Rennen im Rahmen der MotoGP am Sachsenring, das ist immer das Highlight des Jahres. Natürlich bin ich auch ehrgeizig und will immer das Beste rausholen. Wir werden beim traditionellen Cup-Einführungslehrgang in Magione (Italien) Anfang April sehen, wie die Konkurrenz drauf ist und wie dann das erste Rennen am Lausitzring zwei Wochen später verläuft; erst dann kann ich genau sagen, was für mich drin sein wird.
Deine Konkurrenten/innen sind mit 13 bis 16 Jahren größtenteils deutlich jünger als Du. Empfindest Du Dein „fortgeschrittenes“ Alter eher als Vor- oder Nachteil?
Beides. Von Vorteil ist sicherlich, dass ich schon ein bisserl Erfahrung habe, sowohl im Rennsport als auch an Lebenserfahrung. Das ist allerdings auch mein Nachteil. Ich fahre wahrscheinlich mit mehr Kopf und Verstand als die Kleinen. Die wollen auf Biegen und Brechen an den Konkurrenten vorbei, wo ich mir dann denke, den kriegst du in der nächsten oder übernächsten Kurve auch noch. Das kann dann in manchen Situationen aber auch wieder ein Vorteil sein. Alles hat zwei Seiten.
Siehst Du es als besondere Herausforderung, als Frau im Motorradrennsport anzutreten oder sind die männlichen Fahrer für Dich ganz „normale“ Konkurrenten, die es zu schlagen gilt?
Alle Konkurrenten sind im Grunde gleich, ob männlich oder weiblich. Am liebsten möchte man natürlich niemanden vor einem haben, aber das funktioniert halt nicht immer. Als Frau im Rennsport ist es natürlich immer was besonderes, aber als große Herausforderung würde ich das nicht sehen. Ich denke, dass wir in den nächsten Jahren schon mehr Frauen, allgemein im Motorsport, sehen werden. Da wird schon einiges an gutem Nachwuchs kommen, und dann vielleicht mit mir als Trainerin (Augenzwinker).
Welche Fahrer im Feld sind für Dich die Messlatte? Alle, die im vorderen Drittel fahren oder vor allem Deine weiblichen Konkurrentinnen (im vergangenen Jahr wart ihr ja sechs Fahrerinnen im Cup)?
Natürlich versucht jeder Fahrer immer besser zu sein als alle anderen. Aber der Beste zu sein, das gelingt halt nur einem. Ich werde in Magione sehen, wie die Konkurrenz drauf ist und dann kann ich auch sagen an wem ich mich orientieren kann. Aber natürlich ist irgendwie immer die Spitze die Messlatte.
Du kommst gerade von einem dreitägigen Renntraining in Spanien zurück, bei dem Du allerdings bereits am ersten Tag von einem anderen Fahrer „abgeschossen“ wurdest. Dabei hast Du dir die linke Hand verletzt. Wirft Dich ein solcher Unfall zur Saisonvorbereitung zurück? Wie gut und wie schnell steckst Du einen solchen Sturz mental und physisch weg?
Klar wirft mich so was zurück bzw. hindert mich am Vorankommen. Im Gegensatz zu meinem Sturz am Nürburgring 2010, als ich mir eine Gehirnerschütterung zugezogen hatte, denke ich nicht, dass mich dieser Trainingssturz bei der nächsten Veranstaltung noch beeinträchtigen wird. Hier hab ich mental nicht so viel zu knabbern. Physisch, also trainingstechnisch gesehen, hält mich die Verletzung natürlich schon auf. Ich konnte fast 3 Wochen kaum Sport machen, da bei einer vermehrten Durchblutung die Hand gleich zu pochen anfing.
Jetzt hab ich mit leichtem Ausdauertraining auf dem Radl angefangen, um einfach Sauerstoff an die ‚Unfallstelle‘ zu bringen und den Stoffwechsel und damit den Heilungsprozess in der Hand anzuregen. Ich denke, dass im Februar die Schiene und der Verband abgenommen werden, ich dann mit der Reha anfangen und auch wieder mein Ausdauertraining aufnehmen kann. Aber spätestens bis zum ersten Rennen in der Lausitz am dritten Aprilwochenende werde ich wieder einigermaßen fit sein.
Ansonsten, wenn das Wintertraining ohne Unfall verläuft: Inwiefern hilft es Dir, die Rennpause von September bis März zu überbrücken? Sitzt Du dann lockerer auf dem Motorrad, fühlst Du Dich damit sicherer? Bringt Dir persönlich das auch mentale Vorteile? Wie lange hält ein solches Training in Richtung erstes Saisonrennen vor?
Das Training hilft natürlich die Sucht nach dem Fahren und die Ungeduld auf die neue Saison ein wenig zu besänftigen, da fühlt sich die Winterpause nicht ganz so lang an. Wenn ich dann nach knapp 3 Monaten beim Einführungslehrgang wieder auf meiner Kleinen sitze, fühlt sich das schon ein wenig steif an. Also ganz so lang hält das Wintertraining nicht an. Aber da ich seit dem letzten Rennen auch gut 3 Monate nicht mehr gefahren bin, hab ich in Valencia schon mal einen Vorgeschmack bekommen, wie es sich in Magione anfühlen wird, nach längerer Pause wieder auf dem Motorrad zu sitzen. Da kann ich mich dann schon drauf einstellen.
Klar bin ich über den Winter fleißig am Trainieren (Fitness, Kondition), aber wenn ich dann nach längerer Pause wieder gefahren bin, hab ich das ein oder andre kleine Zipperlein am Körper oder in den Muskeln. Da schau ich dann, dass ich die Schwachstellen bis zum Saisonanfang mit meinem Training ausmerzen kann, durch andere oder neue Übungen. Jede Strecke stellt da natürlich auch wieder ein bisserl andere Anforderungen an den Körper.
Du absolvierst derzeit eine dreijährige Ausbildung zur Sport- und Gesundheitstrainerin. Abgesehen davon, dass Du natürlich regelmäßig trainierst: Wie intensiv kannst Du diese Ausbildung für den Rennsport umsetzen – sportlich, konditionell oder mental gesehen?
In der Ausbildung lerne ich viel über den Körper, seine Funktionsweisen, die Beanspruchungen, die richtige Trainingsauswahl usw. Das ist sehr praktisch, da kann ich gleich meinen eigenen Personaltrainer spielen, weiß auf was ich bei der Trainingsplanung und -ausführung achten muss und wie ich mich optimal vorbereite. Das hilft natürlich sehr.
Kannst Du Erfahrungen aus dem Rennsport auch für Deine Ausbildung umsetzen, etwas von dem Wettbewerbscharakter, der sportlichen Challenge, der Motivation?
Ich glaube das Wichtigste, was ich bis jetzt vom Rennsport gelernt habe, ist, sich für etwas einzusetzen und zu kämpfen das man liebt. Man entwickelt aber auch einen gewissen Ehrgeiz im Rennen, den man in leicht abgeänderter Form z.B. dann im Beruf oder in der Ausbildung anwenden kann. Auch Disziplin spielt eine Rolle, im Hinblick auf die körperliche und mentale Vorbereitung. Gerade bei Unfällen bzw. Verletzungen, wie die, die ich grad durchmache, lernt man Rückschlage zu verkraften, zu verarbeiten, seine Erfahrungen daraus zu ziehen und davon zu lernen. Manchmal muss man die Dinge so nehmen und so akzeptieren wie sie kommen und wie sie sind. Da lernt man fürs Leben.
Hast Du schon Pläne für die Motorsport-Saison 2013?
Was nach dem Junior Cup kommt, weiß ich noch nicht genau, aber es wird auf jeden Fall mit dem Rennsport weitergehen, soviel ist sicher. Entweder werde ich meine Aprilia ein wenig umrüsten und mit ihr dann in einem anderen Cup oder ähnlichem fahren. Oder ich werde auf 4-Takter umsteigen. Das werden wir sehen.
Ist für Dich beruflich eine Kombination aus Job und der Leidenschaft für den Motorradrennsport denkbar, hast Du da Ambitionen? Und wenn ja: Welche?
Zum Beispiel wäre es für mich ganz interessant, einen Fahrer oder ein Team zu betreuen, sie zu trainieren und bei den Rennen zu unterstützen, sowohl sportlich als auch mental. Allerdings blutet mir dann das Rennfahrerherz, wenn ich anderen beim Motorrad fahren zu schauen müsste. Optimal wäre da, wenn ich für das Team als Testfahrerin fungieren könnte. Aber dann würden mir die Rennen und die Zweikämpfe fehlen. Aber mal schauen wo mich die Rennfahrerei und meine Arbeit noch hinführen.