Oldtimer-Ausfahrt Sonnenbichl: Zurück zum alten Glanz

Eine Klimaautomatik werde ich in diesem Fahrzeug nicht finden. Der in den 1965er Jahren zusammengebaute Ford Mustang hat dafür aber noch seine Originalsitze. Und die widerstehen der Hitze an diesem Wochenende ja auch. Wir jammern also nicht weiter. Immerhin sind wir auf Einladung im Sonnenbichl. Das Grandhotel am Ortsrand von Garmisch Partenkirchen nutzen wir an diesem Wochenende als Basisstation für das Erkunden eines Teils der Deutschen Alpenstrasse mit edlen Oldtimern.

Das Panorama der bayerischen Alpen mit der Zugspitze als Sahnehäubchen zur Zimmeraussicht scheint dieser Tage dafür wie bestellt. Während die Sonne schon um am frühen Mittag die Luft auf über 25 Grad Celsius erhitzt, steigen wir ein, in die Raritäten automobiler Tradition und absolvieren brav die Aufgaben einer Oldtimer-Rallye, die Markus Zawadke mit großem Ernst organisiert hat. Der Sammler alter Fahrzeuge hat sein Hobby zum Beruf gemacht und ist mit seiner Unternehmung ‚Mietoldtimer und Mehr‘ immer wieder am Fuße der Zugspitze unterwegs ist.

Die bewegte Geschichte des Sonnenbichl
Für dieses Wochenende hat er sieben ausgesuchte Raritäten seiner Sammlung auf den Hof des Hotels gefahren. Für uns ist das ein Erlebnis. Für ihn ist es der Startschuss einer Partnerschaft mit dem Hotel. Von der Kooperation erhoffen sich beide, Zawadke und Christoph Mathes, Hotelchef des Sonnenbichl, neuen Glanz fürs eigene Geschäft. Dabei kann vor allem das Grand Hotel kann mit einer bewegten Vergangenheit aufwarten.

Als Sensenschmiede 1800 gegründet, trafen sich ab 1890 im damaligen Palast-Hotel die Reichen und Berühmten, die der erste Hotel-Besitzer Caspar Bader zu verwöhnen wusste. Luxus und Service waren seinerzeit ebenso beliebt wie der unverbaute Blick von der Panorama-Terrasse. Nur wenige Kilometer entfernt erheben sich die Bayerischen Alpen mit der Zugspitze als höchster Berg Deutschlands. Ein schöner Ort, um den Sonnenuntergang, der die Bergkulisse an manchen Abenden in ein rosarot taucht, bei einem Glas Champagner zu genießen. Den Ausblick haben wohl in den 1920iger Jahren auch der nationale und internationale Adel ebenso geschätzt, wie viele großindustrielle Stammgäste.

Die Renaissance des Grandhotels
Bis zum Zweiten Weltkrieg. Dann wurde das Haus beschlagnahmt und als Lazarett umfunktioniert. Hoffnung für das Hotel gab es dann wieder ab den 1960er Jahren mit dem Aufkommen des internationalen Tourismus in der Region. Das von Georg Bader junior 1947 wieder aufgebaute Hotel feierte erneut goldene Jahre. Doch mit dem Tod von Georg Bader und dem Verkauf an einen Stammgast, einem Vertrauten des Sultans von Oman, verlor das Haus an Ansehen.

Erst seit das Hotel im August 2010 von der Monaco Luxury Hotels & Resorts gemanagt wird, finden viele Gäste wieder genügend Grund zum Lob. Die Neupositionierung scheint gelungen. Frische Farben in der Lobby, eine moderne Lounge, Parkettboden und silberfarbene Tapete in der Bar sind Teil einer behutsamen Renovierung. Denn trotz der modernen Gestaltung möchte Mathes die 120-jährige Geschichte des Hauses nicht verdrängen.

Das Haus verfügt heute über 100 Zimmer – alle sind sie im Stil des Biedermeier und im Jugendstil eingerichtet. Zudem bietet das Hotel ein Restaurant sowie eine urige Zirbelstube, eine Bar, Veranstaltungs- und Konferenzräume, und seit einem halben Jahr mit dem Restaurant Caspar B. einen kulinarischen Höhepunkt. Zwar gibt es auch einen Indoor-Pool mit Sauna und Beauty Lounge. Doch planen die Besitzer, den Bereich grundlegend zu erneuern. Pläne für den Ausbau liegen bereits in der Schublade.

Welche Umbauten schlussendlich stattfinden – etwa zusätzliche Zimmer, die in den Steilhang hinterm Hotel gebaut werden, eine repräsentative Dachterrasse oder ein großzügiger Spa – darüber wird noch diskutiert. Die Genehmigungen für alle Varianten jedenfalls liegen vor. Allerdings gibt Mathes zu bedenken, dass solch ein bedeutendes Projekt nicht überstürzt werden sollte. Vor dem Hintergrund der historischen Verantwortung ist Fingerspitzengefühl gefragt.
Besonderheiten einer Oldtimer-Rallye
Demut vor alten Werten erwartet auch Zawadke. Die mahnenden Worte, die er jedem vor Antritt einer Ausfahrt mitgibt, sind gerechtfertigt und sollten ernst genommen werden. Immerhin haben die Oldtimer ihren eigenen Willen und reagieren auf Lenk- und Bremsaktionen mal kaum, mal spontan. So fordern Trommelbremsen statt ABS-geregelte Scheibenbremsen den Fahrer bei jedem Stopp heraus. Und das Bedienen der Lenkung, wie sie im Original Ford Mustang verbaut wurde, artet bei schnelleren Kurvenfahrten zum riskanten Manöver aus.

Dennoch verfallen die meisten Gäste schon beim Anblick der Raritäten ins Schwärmen. Und nach den ersten Kilometern spielen viele mit dem Gedanken, sich einen Oldtimer anzulegen. Zawadke warnt. „Ein Oldtimer erfordert Zeit, Pflege und Geduld“. Kurze Ausfahrten sind für einen 40 Jahre alten Wagen ebenso Gift, wie lange Touren von mehreren hundert Kilometern. Und es ist ein teures Hobby. Immerhin müssen Kosten von etwa 4000 Euro – pro Jahr für das Instandhalten des Fahrzeugs beiseite gelegt werden – zusätzlich zu den etwa 800 Euro, die Steuer und Versicherung verlangen.

Für jene, die dennoch an manchen schönen Tagen einem Oldtimer ausfahren wollen, können auf seinem Oldtimerreiseportal ihren Traumwagen aussuchen. Je nach Budget inklusive Klassikerausfahrten, Schnuppertouren, Erlebnis- und Hoteltouren. Für Schlechtwetterfahrten führt er im Übrigen auch geschlossene Klassiker im Programm.
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Hilfreiche Links:
Oldtimerreiseportal www.mietoldtimer.de
Grand Hotel Sonnenbichl www.sonnenbichl.de

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