Die Werkstatt der Zukunft in 2020 - Diagnose per Mausklick
In leuchtenden Farben von hellgrün bis himmelblau nimmt die Elektromobilität Fahrt auf. Und mit ihr die Vernetzung mit der Immobilität. Mit jeder Batterieladung wächst aber die Angst vor dem Service. Denn schon heute bringt die verbaute Elektronik die Branche zum Schwitzen.
Blankes Entsetzen: Wer als Kfz-Meister in wenigen Jahren moderne Autos reparieren muss, darf sich nicht vor komplexen elektronischen Systemen fürchten. Für das Reparieren wird eigentlich ein Elektronikfachmann benötigt. Doch den Werkstätten fehlt es an geschultem Mitarbeitern im Bereich Kfz-Elektronik.
„Das Niveau der Ausbildung hingt hinter der technischen Entwicklung weit hinterher“, erzählt uns ein Kfz-Elektronikspezialist, der nicht genannt werden will. Doch damit umschreibt er nur diplomatisch den Zustand in vielen deutschen Werkstätten. Fundiertes Elektronik-Know-how findet sich nur in wenigen Betrieben wie etwa in den Bosch-Service-Werkstätten. Denn der weltgrößte Automobilzulieferer ist auch Technologieführer bei zahlreichen Steuergeräten.
Wahllos werden elektronische Komponenten getauscht
Und was geschieht in den anderen Systemwerkstätten? Viele werden von Teilelieferanten gelenkt, die zwar auch Elektronikkompetenz für ihre Systembetriebe anbieten, doch trennt sich da oft die Spreu vom Weizen. So mancher ist nämlich froh, wenn er über sein Werkstattsystem den Umsatz im Ersatzteilgeschäft steigern kann. Nur wenige haben sich spezialisiert.
So wird in deutschen Werkstätten geglaubt, was das Diagnosegerät anzeigt und getauscht, was das Lager hergibt. Mit der Folge, dass jedes zweite getauschte Steuergerät fehlerfrei ist und überhaupt nicht die Ursache der Störung war. Eine folgenschwere Strategie, auch wenn sie auf den ersten Blick Erfolg verspricht. Denn die unkoordinierte Fehlersuche wird schnell zum finanziellen Vabanque-Spiel. Wurde nämlich die Komponente zu Unrecht gewechselt, kommen zum getauschten Gerät noch die Kosten für das Weitersuchen hinzu. Dass die Werkstatt eine Arbeitsstunde im günstigsten Fall mit 65 Euro berechnet, lässt erahnen, wie teuer Unkenntnis werden kann.
Das Auto der Zukunft diagnostiziert sich selbst
Dabei sind die Strategien für das Auffinden von Fehlern in elektronischen Systemen bestens bekannt. Schon heute wenden einige Autohersteller diese für ihre OnBord-Diagnose ein. Das Auto diagnostiziert sich selbst – und meldet den Befund je nach Schwere des Fehlers vorab dem Servicebetrieb. Dort ist man vorbereitet, mit Ersatzteilen versorgt. Bei komplizierten Reparaturen schaltet sich sogar die Expertenhotline des Herstellers zu und hilft beim Diagnostizieren und Reparieren.
Die Komplexität elektronischer Systeme im Auto beherrschen heute nur noch Expertenteams. Der Elektronik-Overkill lähmt die Basis. Erklärungsversuche scheitern im Ansatz. Mit fatalen Folgen, wie uns ein Händler vor Augen führt. Es bringt nämlich das ganze Dilemma auf den Punkt: „Eine Lederausstattung verkaufe ich in nur fünf Minuten - für ein ACC-System muss ich etwa eine halbe Stunde erklären. Für beide Ausstattungen bekomme ich aber den gleichen Profit“. So bleiben sinnvolle Fahrerassistenzsysteme in den Regalen liegen. Bis heute nämlich fehlen geeignete Strategien, diese Art der erklärungsbedürftigen Produkte an die Frau und den Mann zu bringen.
Wie lässt sich die vernetzte Elektromobilität reparieren?
Als wäre dies nicht genug, rollt unaufhaltsam und nahezu geräuschlos die Flotte moderner Elektrofahrzeuge auf uns zu. Hybridautos, batterie- oder wasserstoffbetriebene Elektrofahrzeuge und Range-Extender. Rosige Aussichten: Die Elektromobilität kommt in leuchtenden Farben von hellgrün bis himmelblau daher. Doch wehe, ein Kabel löst sich. In welcher Werkstatt findet sich dann ein Meister, der weiß was er tut? Und bitte schön. Wer erklärt uns die Technik?