Heute Ivalo, morgen Idiada, dann Le Mans

Ivalo, Finnland, zwölf Grad minus. Es ist dämmrig, die Sonne steigt selbst um die Mittagszeit nicht über den Horizont. Auf dem verschneiten Testgelände, 200 km nördlich des Polarkreises stellen Automobil-Journalisten aus ganz Europa einen neuen Winterreifen auf die Probe. Zwischen den ganzen Männern eine zierliche junge Frau – ein ungewöhnlicher Anblick. „Die gelbe Gruppe zu mir! Jetzt geht‘s weiter zum Handling-Track!“, ruft Stefanie Krauth. Sie arbeitet im Bereich Public Relations Europa bei Hankook Tire, einem der großen Reifenhersteller weltweit, und betreut Journalisten auf dem Hankooks Winter-Testing-Event.
Bei Reifenpräsentationen in der arktischen Kälte fühlt sich die 26-jährige genauso wohl wie auf der Teststrecke im heißen spanischen Idiada oder bei der Pressebetreuung auf Motorsport-Events wie in Le Mans. Auch Fabrikbesuche in Ungarn, wo ihr Arbeitgeber Reifen für den europäischen Markt herstellt, stehen auf ihrer Reiseliste. Wenn sie nicht gerade unterwegs ist, kümmert sie sich in der Europazentrale in Neu-Isenburg bei Frankfurt mit um die Koordination der PR-Aktivitäten in ganz Europa. „Ich telefoniere mehrmals am Tag mit meinen Kollegen in Großbritannien, Italien oder Spanien. Dabei kann ich meine Fremdsprachenkenntnisse anwenden und meinen internationalen Horizont erweitern. Mein Job ist fordernd aber abwechslungsreich und macht mir gerade deshalb auch so viel Spaß.“

"Wenn einem eine Sache Spaß macht und man entsprechenden Einsatz zeigt, wird das honoriert."

Zu der Frage wie sie sich in der allgemein als Männerdomäne betrachteten Automobilbranche behauptet, antwortet die gebürtige Stuttgarterin selbstbewusst: „Davon lasse ich mich nicht beirren. Ich komme aus einer sehr autoaffinen Umgebung und Familie. Schon von klein auf haben mich Autos begeistert. Ich denke, wenn einem eine Sache Spaß macht und man entsprechenden Einsatz zeigt, wird das honoriert – egal ob man ein Mann oder eine Frau ist.“
Dass sie nun aber nicht gerade schicke neue Sportwagen vorstellt, sondern sich bei ihrer Arbeit alles um Reifen dreht – ein allgemein als eher ‚unsexy‘ wahrgenommenes Produkt, stört sie dabei überhaupt nicht: „Reifen sind für mich alles andere als ein langweiliges, schwarzes rundes Stück Gummi. In Reifen verbirgt sich viel mehr Technologie und Entwicklung als man auf den ersten Blick vielleicht vermutet. Die Beschaffenheit des Reifens entscheidet beispielsweise nicht nur über das Fahrverhalten bei Nässe oder Schnee und den Bremsweg, und nimmt damit in punkto Sicherheit einen enorm hohen Stellenwert ein, sondern auch über den Rollwiderstand. Der wiederum bestimmt das Abrollgeräusch und den Spritverbrauch.
Vor technologischen Themen scheut sich die PR-Frau nicht. „Männer sind in diesem Punkt sehr detailverliebt. Wenn Männer Frauen technische Dinge erklären, entsteht bei Frauen deshalb oft der Eindruck, dass eine Sache unheimlich kompliziert sei, obwohl das gar nicht der Fall ist. Frauen bevorzugen und liefern in diesem Bereich eher Erklärungsweisen, die übergreifende Zusammenhänge darstellen.

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