Allianz-Studie: Tod durch Ablenkung

„Der Autoverkehr fordert auch deswegen jedes Jahr Menschenleben, weil die Fahrer sich nicht auf den Straßenverkehr konzentrieren, sondern mit vermeidbaren Tätigkeiten beschäftigt sind“, mahnt Dr. Christoph Lauterwasser, Leiter des Allianz Zentrum für Technik (AZT). Viele unterschätzen dabei die Gefahr durch das Ablenken. Weil sie mitunter viel Zeit im Auto verbringen, fühlen sie sich dort oft wie zu Hause oder im Büro. Dabei lassen sich besonders junge Menschen leicht ablenken – vor allem durchs Telefonieren, SMS-Schreiben oder intensivem Musik hören.

Zwar lassen sich Autofahrerinnen wie Autofahrer gleichermaßen leicht ablenken. Doch während sich Männer insgesamt von der Technik beeinflussen lassen, etwa durch das Eingeben von Navigationsdaten, verlieren Frauen eher den Überblick, weil sie den Kindern im Auto mehr Aufmerksamkeit schenken.

Fast jeder Zweite nutzt ein Handy
Dank moderner Smartphones verwundert es nicht, dass immer mehr Autofahrer am Steuer telefonieren. Galten etwa ein Drittel Handyverstöße noch als Forschungsstand der letzten Jahre, sind es nun bereits 40 Prozent der Handybesitzer, die eine Nutzung beim Fahren nicht ganz ausschließen. 30 Prozent bestätigen das Lesen, 20 Prozent das noch gefährlichere Schreiben von SMS-Nachrichten bei der Fahrt. 54 Prozent stellen das Ziel im Navigator auch während des Fahrens ein. Intensive Gespräche und Streit mit dem Beifahrer lenken 77 Prozent aller Befragten nach eigener Einschätzung beim Fahren ab.

Im Übrigen ist es nahezu egal, wo gefahren wird. Zwischen den Ländern Österreich, der deutschsprachigen Schweiz und Deutschland ergaben sich nur geringe Unterschiede.

Fünf Tipps zum Thema Ablenkung

Reduzieren Sie Gerätebedienungen auf ein Minimum!
Gefahr Nummer 1: Geräte jeder Art, vor allem die vielfältigen Kommunikations- und Unterhaltungstechnologien. Jede Handynutzung ohne Freisprechset ist europaweit verboten. Denken Sie aber auch bei jeder anderen Form von Gerätebedienung daran, dass Sie sich mit Ihrem Blick und Ihren Gedanken erheblich länger und auch plötzlicher als vermutet vom Verkehrsgeschehen abwenden.

Beide Hände fürs Auto!
Greifen, Tasten, Gegenstände auspacken und festhalten erhöhen Ihr Unfallrisiko um ein Vielfaches. Sichern Sie auch kleine Gegenstände vor der Fahrt, damit sie nicht vom Sitz rutschen und halten Sie Dinge, die Sie zum Fahren benötigen, etwa die Sonnenbrille, in Griffnähe bereit. Viele Gegenstände wie Dienstunterlagen, Briefe, Zeitungen oder Einkäufe verleiten während der Fahrt zum Hervorholen.

Seien Sie mit Ihren Gedanken beim Fahren!
Nicht nur Ihr Blick gehört auf den Straßenverkehr, auch Ihre Gedanken sollten beim Fahren sein. Die mentale Ablenkung durch Gespräche und andere Formen der Kommunikation wird häufig unterschätzt. Ob Telefon, SMS, Beifahrer oder Kinder: Jede Interaktion beschäftigt Sie gedanklich und emotional stärker als Ihnen bewusst ist. Steigen berufliche Aufgaben, familiäre Sorgen und privater Ärger mit in den Wagen, ist die Ablenkung vorprogrammiert. Deshalb sollten Sie mit dem Fahrtbeginn Ihre volle Aufmerksamkeit dem Verkehr widmen.

Ablenkung beginnt oft vor der Fahrt: Meiden Sie Zeitdruck!
Viele riskante Nebentätigkeiten können Sie vor der Fahrt erledigen. Sehr viele Dinge dürfen sie aus rechtlicher Sicht ausschließlich bei stehendem Fahrzeug und ausgeschaltetem Motor bzw. auf dem Parkplatz erledigen. Dazu gehören auch Essen, Trinken und Rauchen – Dinge, die sich verbunden mit einer Fahrpause erheblich stressfreier gestalten.

Lassen Sie sich von Assistenzsystemen helfen!
Die Analysen von Schadenfällen im Allianz Zentrum für Technik zeigen, dass moderne Fahrerassistenzsysteme in der Lage sind, kurzzeitige Unaufmerksamkeiten des Fahrers in einer ganzen Reihe typischer Fahr- und Konfliktsituationen auszugleichen oder die Unfallfolgen abzumildern. Dies gilt beispielsweise für den Notbremsassistent oder den Abstandswarner. Erkundigen Sie sich beim geplanten Autokauf über zusätzliche Sicherheitsfunktionen und deren Wirkung doch einmal genauer.

Definition Ablenkung
Die Experten vom Allianz Zentrum für Technik definieren Ablenkung als körperlich-geistige Wegwendung von der Hauptaufgabe der sicheren Verkehrsteilnahme. Mit dem Blick, der Aufmerksamkeit beziehungsweise den Gedanken oder mit den Händen ist der Verkehrsteilnehmer nicht mehr bei der Sache. Das kann ungewollt geschehen, durch unvorhergesehene und nicht verkehrsbezogene Ereignisse, doch meist sind es betriebsfremde Handlungen, die vermeidbar gewesen wären. Dazu gehören angeregte Gespräche, Streit, Gerätenutzung oder das Suchen, Auspacken oder Festhalten von Gegenständen.
Für die aktuelle Sicherheitsstudie führte das Allianz Zentrum für Technik gemeinsam mit den Instituten Mensch-Verkehr-Umwelt und Makam Market Research eine Repräsentativerhebung unter Autofahrern in Österreich, der Schweiz und Deutschland durch und analysierte den internationalen Forschungsstand.

Neue Studie des Allianz Zentrum für Technik: Ablenkung am Steuer bei jedem zehnten Autounfall Hauptursache / Häufigste Ablenkungen im Auto sind Gerätebedienung, Gespräche und Streit / Junge Fahrer am stärksten gefährdet / 40 Prozent der Autofahrer telefonieren ohne Freisprecheinrichtung / Ein Fünftel schreibt SMS beim Fahren

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