Adidas und Continental: Mehr Grip beim Laufen

Die rund 35.000 Schritte, die der Kenianer Patrick Makau Musyoki in zwei Stunden, drei Minuten und 38 Sekunden zurücklegt, genügen, um als weltbester Marathonläufer durchs Ziel zu kommen. Das schaffte er mehrere Male. Beim zweiten Lauf im Jahr 2013 war er sogar noch schneller – ganze 15 Sekunden. Natürlich ist das alles eine Sache des Trainings und des Talents. Doch die Wahl der richtigen Laufschuhe können für den Hochleistungssportler über Sieg oder Niederlage entscheiden.

Wer nun aber glaubt, die Schuhe, die Patrick Makau Musyoki während seiner Siege getragen hat, verfügen über Wundersohlen, liegt fast richtig mit seiner Vermutung. Der Marathonläufer trägt Laufschuhe mit einer Laufsohle, die aus einer Gummimischung hergestellt wurde wie sie auch bei hochwertigen Autoreifen verwendet wird. Und bei diesen Reifen ist vor allem der Grip (Haftreibung) ein wichtiges Argument für Geschwindigkeit. Warum also nicht das Knowhow eines Autoreifen- mit dem eines Laufschuhherstellers kombinieren?
Optimale Haftreibung für Laufschuhe

Als Gerd Manz, Senior Innovation Director bei Adidas, während eines technischen Workshops das Thema Grip ansprach, hörte der Entwickler Fabian Dettmar von Continental aufmerksam zu. Manz war es seinerzeit wichtig, den Grip hochwertiger Laufschuhe zu erhöhen. Und Dettmar war ein Profi in Sachen optimaler Haftreibung bei Hochleistungsreifen. Im Laufe des Tages entstand dann die Idee einer Zusammenarbeit. Immerhin haben Reifen und Schuhsohlen gemeinsam, dass beide die jeweils einzige Verbindung zur Straße sind und entsprechend alle Kräfte übertragen müssen.

Doch anders als bei einem rollenden Reifen, ist beim Laufen jeder Schritt ein einzelner Beschleunigungsvorgang – egal wie rund und ausgeglichen ein Laufstil auch sein mag. Rund drei Jahre lang haben Continental und Adidas am ersten Projekt gearbeitet und 2009 erstmals einen Prototyp vorgestellt. Der ehemalige Marathon-Weltrekordhalter Haile Gebrselassie trug ihn beim Silvesterlauf in Trier. Auf nasser Strecke, die teilweise über Kopfsteinpflaster führte, siegte er souverän.
Laufschuhe mit dem Supergrip

Die optimale Gummimischung war laut beider Unternehmen der entscheidende Faktor. Das von Continental entwickelte Material erzeugt bei trockenen und nassen Bedingungen bis zu 30 Prozent mehr Grip als Sohlen vergleichbarer Schuhmodelle auf dem Markt. Und je besser die Bodenhaftung, desto besser ist auch der Vortrieb. Gleichzeitig benötigt der Läufer aber auch eine gewisse bewegende Freiheit, damit es nicht zu Verletzungen kommt. Ein wichtiger Sicherheitsfaktor – vor allem, weil man die Schuhe für Bergläufe nutzt und sich immer wechselnde Bedingungen einstellen. Das besondere Sohlen-Material ermöglicht aber auch den Konstrukteuren Möglichkeiten im Profil-Design.

Für eine Outdoor Sohle müssen Form und Anordnung jedes einzelnen Stollens akribisch aufeinander abgestimmt werden. Durch die extrem hohen Reibungswerte der neuen Sohlen reicht eine relativ kleine Kontaktfläche aus, um die erforderliche Bodenhaftung zu erzeugen. So kann beispielsweise ein besonders offenes Profil gestaltet werden, das sich in lockerem und weichem Terrain in den Untergrund krallt und das Wegrutschen verhindert.

Gute Nachrichten für Querfeldein-LäuferInnen. An dieser Stelle sei noch eine Anekdote erzählt, die in den Unterlagen der Entwickler zu finden ist. Erste Probemuster mit Gummimischungen für Regenreifen aus dem Motorrad-Rennsport führten zu Ergebnissen, mit „denen man die Wände hätte hoch laufen können“, so die Materialspezialisten.
Bergschuhe vom Reifenhersteller

Doch die Schuhsohlen mussten vor allem hinsichtlich der Laufeigenschaften optimiert werden. So mussten die Fragen geklärt werden, wie viel Energie geht während der Traktion, also der Kraftübertragung, verloren? Wie viel Energie wird dabei in Wärme umgewandelt? Wichtig war aber auch herauszufinden, wie sich die Materialien bei den Verarbeitungsprozessen, die bei Schuhen angewendet werden, verhalten. Auch wenn das Entwickeln der Laufschuhe für Continental Neuland ist, bei Bergschuhen kann das Unternehmen auf eine langjährige Tradition zurückgreifen.

„Robusta“, „Contrec“ und„Berghaken“ heißen die groben Profile, die seit Jahrzehnten im Gelände ihren Abdruck hinterlassen. Vor allem bei der Bundeswehr haben sich die sogenannten Springerstiefeln bewährt. Die Sohlen sind nach wie vor Klassiker unter schweren Berg- und Wanderstiefeln sowie Arbeitsschuhen. Darüber hinaus stellt Continental seit den Anfangsjahren nach der Gründung 1871 Sohlen und Absätze für klassische Damen- und Herren-Halbschuhe her, beliefert seit mehr als 125 Jahren namhafte Schuhhersteller.

Im Übrigen sind auch die Huberbuam mit Schuhsohlen aus einer Gummireifen-Mischung unterwegs. Die beiden Extremsportler Thomas und Alexander Huber haben laut Unternehmen auch die adidas Outdoor-Serie Terrex mitentwickelt, zu der auch der Fast-Hiking Schuh „Terrex Fast R Mid GTX“ gehört – ein Schuh für Wanderer und Bergsteiger.

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