Ich fahr dann mal zum Nordkap
Der Freilassinger Stefan Peorschke traut sich was. Am 1. Januar 2017 startet er seinen 30 Jahre alten Ford Fiesta und fährt zum Nordkap. Alleine, im Winter und durch ein Dutzend Länder. Wir berichten täglich von der Winterexpedition #IceRallye2107.
Die Tage am Nordkap sind nicht so kalt wie die Nächte. Klingt erst mal beruhigend. Doch wer mit einem Ford Fiesta MK2, Baujahr 1987, im Winter dort hinfährt, sollte sich schon um einige Dinge sorgen. Etwa auch um die Kälte. Auch deshalb ist Stefan Poerschke, Baujahr 1988, vorsorglich mit warmer Kleidung und festem Schuhwerk unterwegs. „Am 1. Januar 2017 fahre ich los“, erzählt er uns, stolz und zuversichtlich. Wohlweislich, dass er noch alle Hände voll zu tun hat. Man fährt eben nicht mal so auf die Schnelle an 22 Tagen die mehr als 15.000 Kilometer bis zum Nordkap. „Und das durch mindestens ein Dutzend Länder“. „Und das im Winter!“, staunen wir.
Wir, das sind das Outdoor-Magazin be-outdoor und active woman drive&style. Und seit dem wir von dem Vorhaben erfahren haben, unterstützen wir den 27-jährigen Freilassinger bei seiner Tour, den Vorbereitungen und der Berichterstattung. Denn Stefen fährt ganz allein, schläft im Wagen und versorgt sich selbst. Die Idee hatte er, als er einen Bericht über die „ach so spannenden Fahrten“ mancher Zeitgenossen gelesen hat, die zu zweit und in gesponserten Neufahrzeugen im Sommer gut ausgebaute Straßen abfahren und abends im Hotel über die Fahrt bloggen. „Das kann ja jeder“, erzählt er uns. Einen 40 Jahre alten Fiesta auf diese Fahrt vorzubereiten, komplett durchzuchecken und mit raffinierten Details auszustatten aber trennt die Spreu vom Weizen.
Aus Bobcat wurde vor 40 Jahre der Ford Fiesta erschaffen
Das Vorhaben mit dem Projektnamen Bobcat war durchaus erfolgreich. Vor genau 40 Jahren bekam es ein Gesicht und einen Namen. Der Ford Fiesta war erschaffen und sollte bis heute mehr als 15 Millionen mal verkauft werden. Der Kleinwagen trat seinerzeit an, um unter anderem gegen den Audi 50, den Polo von Volkswagen oder den beliebten Renault 5 anzufahren. Wenig später kämpfte er als RS-Version um vordere Plätze bei Autorennen. Aber dass mit ihm einer Jahrzehnte später im Winter weit hinter dem Polarkreis fährt, stand nicht auf der Agenda.
Den MK2, die zweite Generation des Fiesta, die 1987 eingeführt wurde, hat Stefan nach eigenen Vorstellungen modifiziert. „Das Fahrzeug bekommt derzeit einen komplett neuen Innenraumaufbau mit sehr viel Stauraum und elektronischen Zusätzen, wie zum Beispiel einer separaten Batterie für die Beleuchtung im Innenraum, zum Lesen, Schreiben, Essen etc.“, erzählt er uns.
Der Clou: Die Innenraumelektronik lässt sich komplett abschalten. Das sichert die Batterie und den Start bei tiefen Temperaturen. Zu den zwei Batterien im Fahrzeug hat er im Übrigen eine dritte im Dachträger montiert - mit einer Photovoltaik-Anlage. Das aber ist noch nicht alles. Auch ein Notstromaggregat ist im Gepäck dabei: „Selbst wenn das Fahrzeug streiken würde, mir wird es nicht frieren“, erzählt Stefan.
Die Kälte ist gemein, der Schnee aber ist verheerend
Die ersten Oktobertage entscheiden, wie riskant die Winterexpedition zum Nordkap wird. In der Regel fällt dann der erste Schnee, die Temperaturen fallen unter den Gefrierpunkt. Zwar registriert der Wetterdienst kaum Temperaturen von unter minus 10 Grad Celsius. Doch um die Weihnachtszeit gibt es oft wahre Schneestürme. Also statten wir ihn gleich mit einer Schneeschaufel aus, die uns Kungs zur Verfügung stellt. Notfalls kann er damit entlang der Nordkapstraße eine Schneise buddeln. Das wünschen wir ihm nicht. In der Regel wird die Straße geräumt. Auch weil sich dort, an der Straßenkreuzung vor Skarsvåg, jene Abenteurer treffen, die dann täglich um 11:30 Uhr gemeinsam im Konvoi die 13 Kilometer zum Nordkap fahren.
Für die Sicherheit der Fahrzeuge im Konvoi ist im Übrigen der Schneepflugfahrer verantwortlich, der an der Spitze des Konvois mit einem Schneepflug voraus fährt. Der allerdings entscheidet auch, ob ein Fahrzeug mitfahren darf. Ein Ausschlusskriterium etwa ist, wenn dies nicht adäquat ausgestattet ist. Und: Im Konvoi dürfen nur so viele Personen dabei sein, wie die örtlichen Rettungsmannschaften im Notfall bergen können.
Eine Winterexpedition zum Nordkap mit einem Ford Fiesta von 1987
Dass auch Stefan bei den Auserwählten dabei ist, darauf hofft der Freilassinger. Die Reiseroute hat er sorgfältig geplant, die Visa für all jene Länder beantragt, die es verlangen. Sein historischer Fiesta bekommt sogar eine Rundum-Kur gegen das „fiese Salz im Winter“ verpasst – also rundum konserviert. Auch hat er einen neuen Satz Bremsen mit „allem drum und dran“ montiert. Die Kupplung wird noch getauscht und auch die Flüssigkeiten im Fahrzeug werden auf die Minus-Temperaturen eingestellt. „Neue Winterreifen hat mein roter Flitzer bereits erhalten und die stehen ihm richtig gut“, freut sich Stefan. Für die Reifengröße 13 Zoll ist das im Übrigen eine Herausforderung.
Aber Stefan ist keiner , der das Risiko einfach ignoriert. Seit Monaten bereitet er sich akribisch auf die Reise vor, hat alle Eventualitäten eingeplant und mehrere Plan-B-Strategien ausgearbeitet. Das schlimmste, womit er rechnet, ist, dass er seinen „Wagen für einige Zeit abstellen und reparieren muss“. Aber auch dafür hat er vorgesorgt und einige wichtige Ersatzteile und Werkzeuge mit ins Gepäck getan.