Das nordische Tiefdruckgebiet juckt genauso wenig wie der Tiefschnee unterm Kehlstein, einem touristischen Wahrzeichen in Berchtesgaden. In der Regel schalte ich einen Gang zurück, aber eine geplante Tour abbrechen, sich lieber vor dem heimischen Kamin setzen, das kommt gar nicht erst in Betracht. So ein extrem schlechtes Wetter gibt es nicht, auch nicht durch derart starken Schneefall und Eisregen riskante Straßenverhältnisse. Mit dem Volvo XC 90 T8 testen wir für die kommenden zwei Wochen ein besonderes Automobil. Warum also Zurückhaltung üben?
Wenn sich infolge einer geschickten Regelstrategie des Antriebsstrangs zu den 320 PS, die der Vierzylinder-Ottomotor maximal aufbringt, noch die 87 PS des Drehstrommotors dazu addieren, dann hat der SUV Maximus gehörigen Wums. Der XC 90 T8 ist ein mächtiges Fahrzeug, mit seinen 640 Nm Drehmoment mächtig stark und als Plug-In Hybrid-Modell unglaublich sparsam. So zumindest versprechen es die Angaben im Datenblatt der Herstellers. Nur 2,1 Liter werden für eine 100 Kilometer weite Fahrt benötigt, steht da.
Mit einer Ladung den Kehlstein hinauf
Natürlich haben wir die Verbrauchswerte nicht erreicht. Die Angaben weichen ja bekanntermaßen je nach Fahrstil und Geländetopografie von den Herstellerangaben ab. Wer aber brav und regelmäßig die 9,2 kWh starke Hochvoltbatterie (270 bis 400 V) vor jeder Fahrt lädt, der kann bei gewöhnlichen Stadtfahrten den Wert sogar noch deutlich unterbieten. Nur: Die 41 Kilometer elektrische Reichweite, die wir nach dem Übernachtladen angezeigt bekommen haben, sind bereits nach 22 Kilometern aufgebraucht.
Die knapp 2,4 Tonnen des schweren Luxus-SUV, die zum Teil eine bis zu 26 % steile Steigung hinauf befördert werden, fordern ihren Tribut. Auf einer ebenen Landstraße sieht die Energiebilanz ganz anders aus. Dann sind auch „die von uns angegebenen Verbrauchswerte möglich“, erklärt uns ein Unternehmenssprecher. Und ergänzt, dass jedes Fahrzeug, vor allem aber Hybrid-Fahrzeuge, seine Eigenarten hat, es sparsam zu fahren. „Erst mit der Zeit erkennen Sie, wann Sie schalten sollten beziehungsweise, wie Sie mit dem Gasgeben umzugehen haben“.
Tankstellen-Hopping
Das stimmt. Auch darüber haben wir bereits berichtet. Dennoch haben wir mit dem Volvo XC90 T8 eine Fahrt quer durch Deutschland gewagt – ohne alle Regeln des spritsparenden Fahrens zu befolgen. In Folge waren Tankstellenstopps etwa alle 350 bis 400 Kilometer notwendig. Bei einem maximalen Tankinhalt von nur 50 Liter, hat uns der häufige Tankstopp mehr geärgert als der hohe Verbrauch. Dieser betrug im Durchschnitt gemittelt über die Strecke Hamburg – Berchtesgaden 13,0 Liter auf 100 Kilometer (Siehe Grafik). An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass das erste Teilstück von Köln nach Hamburg bei hohem Tempo und im „Power“-Modus gefahren wurde. Der Ottomotor und der E-Motor stellen dann zusammen eine Leistung von 407 PS bereit.
Ebenfalls ungünstig auf den Kraftstoffverbrauch wirkt sich das Berg-rauf-Berg-runterfahren aus wie wir es im Berchtesgadener Land praktiziert haben. Bei moderater Fahrweise und geladener Traktionsbatterie aber kamen wir auf etwa 5/100 km. Die wahre Stärke des mindestens 76.650 Euro teuren Plug-in-Modells (Momentum-Version) aber findet sich tief im Inneren der Elektronik. Der Siebensitzer legt mit seinen Komfort- und Sicherheitsfeatures an Bord die Messlatte für die Konkurrenz sehr hoch, dessen einzig adäquater Gegenspieler wohl der Porsche Cayenne S e-Hybrid sein dürfte. Erst dann folgen der VW Touareg, der BMW X5 oder der Range Rover Sport.
Lenk mich doch: Die Fahrerassistenzsysteme des Volvo XC90 T8
Die freie Autobahn ist ein seltenes Erlebnis in Deutschland. Nur in aller Herrgottsfrühe oder aber auf der A31 Richtung Ostfriesland sind solche Momente allerdings möglich. Dann aber beunruhigt das Gefühl, ein Wildwechsel könnte die Fahrt abrupt beenden. Dass dies mit dem XC90 wohl kaum passieren wird, davor soll ist Notbremsassistent mit Tier-Erkennung schützen. Ein Fahrerassistenzsystem, bei der bei einer drohenden Kollision mit einem großen Wildtier der Notbremsassistent automatisch abbremst. Und das auch bei Dunkelheit. Unfälle werden so vermieden, zumindest aber die Aufprallgeschwindigkeit reduziert.
Nützlich ist zudem die Fahrbahnrand- und Begrenzungs-Erkennung mit Lenkeingriff. Sensoren erkennt, ob das Fahrzeug von der Straße abkommt, und bringt dieses bei Bedarf mit einem autonomen Lenkeingriff zurück in die Fahrspur. Zwar verspricht das Unternehmen, dass die Fahrbahnrand auch ohne eine entsprechende Markierung erkannt wird. Bei Schneematsch am Straßenrand oder aber starkem Regen aber, reagiert das System nicht mehr zuverlässig. Erkennen die Sensoren allerdings zuverlässig die Umgebung, sind die verbauten Sicherheitssysteme mehr als nur elektronische Schutzengel.
Maximale Sicherheit für Volvo-Fahrer
So hält etwa der Stauassistent mit Lenkunterstützung den Wagen in der Fahrspur und lässt ihn im Verkehr mitschwimmen, indem es automatisch dem vorausfahrenden Fahrzeug folgt. Zwar könnte man während seine Hände getrost in den Schoß legen. Doch Volvo hat den Pilot Assist so programmiert, dass dies nicht zu lange geschieht. Dann warnt das System akustisch und fordert auf, die Hände wieder ans Lenkrad zu legen. Sonst schaltet der Pilot Assist ab. Immerhin ist dies keine automatische Fahrfunktion. Vielmehr erhöht es die Verkehrssicherheit.
Damit dürfte Volvo die Ziele seiner „Vision 2020“ bald erreicht haben. Die Schweden wollen, so heißt es, dass „im Jahr 2020 kein Insasse eines neuen Volvo Modells mehr ernsthaft verletzt oder gar getötet wird“. Mit dem XC90 T8 könnte dies durchaus gelingen. Immerhin stehen im Fahrzeug derart viele Funktionen für die Fahrsicherheit bereit, dass auch die Folgen des unsäglichen Trends der Smartphone-Nutzung während der Fahrt verhindert werden. Wie sicher etwa Fahrzeuge mit aktivem Geschwindigkeits- und Abstandsregelsystem sowie Notbremsassistenten sind, hat im Übrigen ein Feldversuch der Europäischen Kommission gezeigt: Das Risiko in einen Auffahrunfall auf der Autobahn verwickelt zu werden, wurde um 42 Prozent gesenkt.