Das vernetzte Auto: Datengier statt Kundenutzen

Das Interesse daran, was den Fahrer umtreibt, erreicht einen neuen Höhepunkt. Bislang galt das Auto als Rückzugsort, ebenso privat wie das heimische Wohnzimmer. Türen zu, Fenster hoch. Doch jetzt will die Automobilbranche wissen, was Sie dort treiben. Deshalb investiert sie seit mehreren Jahren hohe Summen in das vernetzte Automobil.

Die Daten aus dem Fahrzeug sind das „missing link zum Kunden“, bringt es ein Brancheninsider auf den Punkt. Und so steht es im aktuellen Report „Das große Geschäft mit den Daten“, veröffentlicht in der ATZelektronik, einem der führenden Fachmagazine der Automobilszene. Die Gier nach qualifizierten Daten hält die Branche im Bann.

Auch weil Google und Co. und damit branchenfremde Unternehmen auf den Plan treten und mit eigenen Autos die Straßen erobern wollen. Das Ringen um die Datenhoheit ist in vollem Gange. Aus gutem Grund: „Mit jedem gefahrenen Kilometer steigt der Wert des Gesamtsystems vernetztes Automobil“. Der Begriff Connected Car macht die Runde und die Vorteile des automatisierten und unfallfreien Fahrens werden auf jeder Fahrveranstaltung gepriesen.

Schon heute lassen sich fahrbezogene Daten massenhaft sammeln. Ein Ende ist nach Ansicht von BMW-Entwicklungschef Klaus Fröhlich nicht in Sicht. „Immer mehr Daten wird das Auto generieren“, formuliert er im Frühjahr auf der Bilanzpressekonferenz in München. Wohlwissend, dass „die Informationen, die aus den intern wie auch extern erlangten Daten gewonnen wurden, für das autonome Fahren ebenso bedeutend sind wie für hochgenaues Kartenmaterial und weitere Services.“, so der Report.
Geschäftsmodell „ortsbezogene Daten“

Auch wenn die Automobilhersteller das Thema Geschäftsmodell „ortsbezogene Daten“ erst noch finden müssen. Das große Geld wird künftig mit der Lead-Generierung und der Lead-Vermarktung verdient. Und dazu ist es nicht nur wichtig, wer die Daten sammelt. Wesentlich bedeutender ist, wer künftig die Plattform besitzt, auf der entsprechende Dienste angeboten werden. „Vor diesem Hintergrund ist nicht Googles Auto eine Gefahr, sondern Googles Datengier“. Denn das Geschäftsmodell speziell von Google und Apple hängt stark davon ab, dass sie auch diese Plattform besitzen.
Diese Beiträge über die Datensicherheit im Auto sollten Sie auch lesenDie Jagd auf fahrbezogene Daten beginnt Süchtig nach DatenVon der Ethik des vernetzten Autos

Auf der diesjährigen IAA werden sich die Autohersteller also nicht nur über PS und Drehmoment definieren, sondern vor allem über die sogenannte Konnektivität. Immer im Glauben: Wer über die Daten herrscht, gewinnt und entscheidet über das Wohl und Wehe der Automobilität. Und genau dieser Umstand gibt Anlass zur Sorge. Die IT-Sicherheit ist in den meisten Branchen nämlich ein noch ungelöstes Problem – vor allem die Automobilbranche ächzt nach Hackerangriffen unter neuen Herausforderungen.
Je mehr Daten aus unterschiedlichen Quellen kombiniert werden, desto kritischer wird es schließlich für die jeweiligen Projektverantwortlichen, deren Sicherheit zu gewährleisten. Aktuelle Beispiele aus der Automobilbranche machen die Gefahr jetzt greifbar. So knackte beispielsweise ein Hacker über eine App Fahrzeuge von General Motors. Die Folge: Die Autos konnten über eine Handy-App offenbar geöffnet und sogar der Motor gestartet werden.
Wie sicher ist OnStar?

Konkret wird das OnStar-System von General Motors angesprochen. Onstar ist Teil von Opels Vernetzungsstrategie und soll ab der diesjährigen Internationalen Automobilausstellung in Frankfurt sukzessive in alle Opel-Modelle eingeführt werden – von der Limousine Insignia bis zu den Kleinstwagenmodellen Opel Adam und Karl.

Der soeben veröffentlichten „Trendstudie: IT- und Technologiereport 2020“ zufolge, die im Auftrag der Technologie- und Innovationsberatung Invensity GmbH erstellt wurde, sind es hauptsächlich die offenen Übertragungswege, wie etwa zwischen Gerät und App, die die größten potenziellen Sicherheitslücken darstellen. „Genau solche Themen zu lösen und Sicherheitslücken bei Schnittstellen zu schließen wird für Hersteller in Zukunft die große Aufgabe sein und sicher auch im Umfeld der IAA heiß diskutiert werden“, sagt Paul Arndt, Leiter des Kompetenzzentrums Software Engineering bei der Technologie- und Innovationsberatung Invensity.

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