Warum nur will Apple jetzt auch auf die Straße? Mit einem Auto, dessen Erfindung sich die deutsche Automobilindustrie zuschreibt und die darauf pocht, dass eigentlich nur sie die besten Autos der Welt baut. Aus einem einfachen Grund. Wer Herr über die Daten ist, beherrscht den Markt. Und ein Auto ist ein ziemlich raffiniertes Sensorsystem, das Daten auf jeden Meter sammelt. Und fahrbezogene Daten sind ein noch lukrativeres Geschäft. Wohl auch darum liebäugelt der zweite IT-Riese, der Suchmaschinenbetreiber Google, mit einem eigenen Fahrzeug. Und das Quereinsteiger mit eigenen Automodellen durchaus erfolgreich sind, beweist gerade Tesla.
Zwischen Chrom und Kolbenring – so scheint es aber – fühlt die deutsche Autobranche sich derart wohl, dass kaum einer sich sorgt. „Wir arbeiten mit Apple, Google und Co. bestens zusammen“, entschuldigen sich die Hersteller. Und Autos müssen auch künftig gebaut werden, erklären sie und verweisen auf ihr 150-Jahre-Knowhow. Dem wird kaum einer widersprechen. Dann aber entlarvt sich mein Gesprächspartner.“Wer will sich schon in solch ein Google-Ei setzen?“. Da ist sie wieder, die eingeschränkte Sicht auf die Dinge. Warum traut sich keiner, eine neue Art der Mobilität zu denken. Warum nur verweigert sich die Branche dem Fortschritt, frage ich mich?
Gefangen im Hubraum prähistorischer Verbrennungsmotoren
Als ich vor Jahren (2003) am Rande der IAA den Konzernchef eines deutschen Automobilherstellers zu seiner Meinung hinsichtlich Elektroautos fragte – sein Entwicklungschef hatte uns seinerzeit ein bemerkenswertes Interview gegeben – war ich ob seiner Antwort entsetzt. „Unsere Kunden wollen keine Elektroautos“. Ich verließ kopfschüttelnd das Gespräch. Und heute? Während die Autobranche noch immer der Elektromobilität hinterher hinkt, da wird sie bereits von einem noch bedeutenderen Trend überholt. Dem Geschäft mit Big-Data everywhere.
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Abseits jeder ethischen Diskussion, können nämlich die bereits in einem Mittelklasse-Fahrzeuge verbauten radarbasierten wie auch optischen Sensoren unzählige Informationen sammeln. Das Fahrwerk erkennt den Straßenzustand, der Abstandswarner die Verkehrsdichte, die Sprachsteuerung analysiert die Absichten des Fahrers, Sensoren in Sitz und Lenkrad diagnostizieren den Gesundheitszustand und die Kamera scannt die Umgebung. Das sind nur wenige Beispiele. Doch der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. Das gilt auch für die Geschäftstüchtigkeit jener Unternehmen, die über diese Daten herrschen und sie geschickt verknüpfen.
Mut für neue Mobilitätskonzepte
Als BMW vor Jahren mutig die BMW Car-IT gegründet hat, war das ein Schritt in die richtige Richtung. Bei rund 60 Steuergeräten im Auto, mehreren Millionen Zeilen an Software und der Möglichkeit, per Internet Diagnosedaten abzurufen, Software-Updates aufzuspielen und mit anderen Fahrzeugen zu kommunizieren, war der Schritt unumgänglich. Schon zu dieser Zeit zeichnete sich ab, dass Daten der „Antrieb der Zukunft“ sind. Mit der Einführung der Elektromobilität gewinnen qualifizierte Daten nun eine neue Qualität. Sind dem Bordcomputer etwa Details über die geplante Route bekannt – Steigungen, Stau, Gegenwind, Temperatur – können exakte Angaben zur Reichweite gemacht werden. Das Schicksal einer Technologie hängt also auch von der Qualität der Daten ab. Ist diese Abhängigkeit einseitig, sind die Folgen immens: Ein Monopol auf diese Daten verteuert nämlich letztendlich das Gesamtsystem.
Noch empfindlicher dürfte es allerdings die etablierte Automobilbranche treffen, wenn künftig sensible Daten vermarktet werden, wie sie für das Autonome Fahren benötigt werden. Je umfangreicher und qualifizierter diese sind, umso hochwertiger funktionieren Fahrerassistenzsysteme. Und jetzt kommen Google, Apple und Co. ins Spiel. Sie sind Experten für das Sammeln, Analysieren und Vermarkten personenbezogener Daten. Warum reagieren die deutsche Automobilhersteller nicht darauf? Es wird Zeit, sich um Big Data for Automotive zu kümmern. Und es müssen endlich tragfähige Geschäftsmodelle für Automotive-Apps entstehen.
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