Colombia – qué chèvere!

Es schmeckt nach vom Scampi vom Grill, deftigen Würsten und würzigem Fleisch. Kolumbien steht für Vielfalt, Gastfreundschaft und ein bezauberndes Lächeln. Die im Allgemeinen erstaunlich gut gelaunten Einheimischen hört man auf der Straße „qué chèvere“ sagen. Das ist der Ausdruck, wenn sie etwas super finden. Und das passiert recht oft.

Der französische Dichter und Arzt Louis-Ferdinand Céline sagte einmal: „It’s easy to travel: just close your eyes“ (Es ist so einfach zu reisen, schließ‘ einfach deine Augen). Wenn ich diesen Rat befolge, sitze ich in Erinnerung an meine Recherchen in Kolumbien in einem Einbaum. Im unendlich langen, braunen Amazonas, dem wasserreichsten Strom der Erde. Im Süden des südamerikanischen Landes sehe ich vor mir sich tummelnde rosa Fluss-Delphine und später, auf einer nach ihnen benannten Insel, Kapuzineraffen.

Wie Babys schmiegen die Äffchen sich an Besucher und putzen sie sogar manchmal, wie ihr Geschwisterchen. Ich höre neben Affen- auch Froschlaute, dazu Papageienschreie aus dem Urwald. Vor mir stehen breit lächelnde Kinder vom indigenen Volk der Ticuna, die im Dreiländer-Dreieck zwischen Kolumbien, Brasilien und Peru leben. Lässig lehnen sich zwei von ihnen an einen Holzzaun am Ufer des Amazonas und fixieren, mit großen, braunen Augen, eine Besuchergruppe, die aus dem Einbaum steigt.

Das nach Christoph Kolumbus benannte Land grenzt im Westen an den Pazifik und im Osten an das Karibische Meer als Teil des Atlantischen Ozeans. Deutschland würde drei Mal in die Fläche Kolumbiens hineinpassen. Dabei hat es nur etwa halb so viele Einwohner wie die Bundesrepublik (46 Millionen). Kolumbien hat Reisenden somit landschaftlich wie kulturell einiges zu bieten, auch wenn es noch nicht touristisch überlaufen ist: Von der kolonialen Pracht der Hafenstadt Cartagena bis zum tropischen Urwald im Amazonas.

Von den unberührten Stränden der Pazifikküste bis zum höchsten Küstengebirge der Erde in der Sierra Nevada de Santa Marta. Von der Kaffeekultur-Landschaft mit den Städten Armenia, Pereira und Manizales bis hin zu den gut strukturierten Metropolen Bogotá und Medellin – es ist ein Mekka für Entdeckernaturen. Gerade ihnen dürfte es zugutekommen, dass der Andenstaat noch nicht zu den klassischen Reiseländern für europäische Touristen zählt. Auch wenn die Besucherzahlen aus Spanien und Deutschland seit einigen Jahren darauf hindeuten, dass Kolumbien auf dem besten Weg dahin ist.
Magisches Bogotá

Ab der Acht-Millionen-Metropole Bogotá planen Reisende gewöhnlich ihre Touren durchs Land, verfügt die Hauptstadt doch über die meisten Inlands-Flugverbindungen. Den besten Ausblick auf die Kapitale, in 2.600 Meter über dem Meeresspiegel gelegen, bietet ihnen der Berg Monserrate. Sein Gipfel ist nochmals 600 Meter höher gelegen als Bogotá und in wenigen Minuten mit der Stadt-Seilbahn zu erreichen. Abends ist es hier magisch: Dann liegt die Stadt wie ein immenser Lichter-Teppich den staunenden Besuchern zu Füßen. Sie vermittelt den Eindruck, als hätte sie ihre Grenzen, wie im Mathematikunterricht, in Richtung Unendlichkeit ausgedehnt.

Im Zentrum Bogotás sind das „Museo de Oro“ mit über 30.000 Gold-Exponaten aus der Zeit der Inkas und das Smaragd-Museum beliebte, erste Anlaufpunkte zur Stadterkundung. Denn sie sind Zeugen des immensen Reichtums der einstigen spanischen Kolonialherren und der Geschichte Südamerikas. Rund um das Smaragd-Museum, das innen einem glitzernden, tiefgekühlten Hochsicherheitstrakt gleicht, bieten viele Geschäfte diese begehrten Steine an.

Auch Schwarzhändler drücken sich in Seitenstraßen herum und zeigen Passanten ihre Smaragde. Doch Achtung: Finger weg von dieser vermeintlich günstigen Einkaufsmöglichkeit. Wer Smaragde von weltweit bester Qualität erstehen will, sollte dies nur in Fachgeschäften mit langjähriger Expertise tun. Etwa beim früheren Physiker Uwe Leuthaus. Wegen seiner Frau Angela zog es ihn vor Jahren nach Kolumbien, wo er nun im Traditions-Juweliergeschäft seiner Schwiegereltern arbeitet und Touristen auch auf Deutsch berät.
Teuflisch heiße Tatacoa-Wüste

Ein knapp einstündiger Flug, von Bogotá aus nach Neiva, bringt Touristen ins Herz des Landes. Das charakteristische Merkmal dieser Region ist ihr heißes Klima, das manche sogar als „teuflisch heiß“ empfinden. Von hier aus ist es nur noch ein kurzer Weg zur 330 Quadratkilometer großen, durch Erosion entstandenen, Wüste „Tatacoa“. Mit ihren Agaven, Riesenkakteen und Cowboyhut tragenden Männern erinnert die Gegend an eine Kulisse aus einem Western-Film.

Mittendrin in diesem Szenario: Eine nachts gut besuchte Sternwarte. Schon nach wenigen Blicken durch gewaltige Fernrohre wird deutlich, wie klein wir im Vergleich zum Universum sind, auch wenn sich der Mensch oft über die Natur stellt. Dieser Eindruck wirkt noch ein wenig beim Abendessen unter Millionen von Sternen nach. Erst die rauen Mengen an Grillfleisch, die Bauern blitzschnell aus ihren Höfen zaubern, bringen einen den irdischen Genüssen wieder näher.
Echte Cowboys im Kaffee-Dreieck

Im Herzen Kolumbiens befinden sich auch die drei Provinzen Caldas, Quindo und Risarda. Sie bilden gemeinsam die Kaffeekultur-Landschaft der Anden-Region westlich der Haupstadt Bogotá ab. Bauern werden hier von der Regierung für den „Fair Trade-Handel“ ausgebildet und unterstützt. Die verschwenderische Natur trägt ihren Teil dazu bei, den Produzenten die milden Arabica-Bohnen zu liefern, die weltweit beliebt sind. Diese Popularität begann vor 200 Jahren, aus kolumbianischer Sicht, als der Freiheitskämpfer Simon Bolivar den Kaffee zum Nationalgetränk deklarierte. 

Aber da die beste Qualität stets exportiert wurde und nur minderwertige Bohnen im Land blieben, verlor sich im Laufe der Zeit die Kaffeetradition in Kolumbien selbst. Jesús Martin, der im Kaffeestädtchen Salento nahe des Cocoroatals eine kleine Künstler-Bar betreibt, will das ändern. Nur die besten Kaffeesorten serviert er hier seinen Gästen – mit liebevoll aufgetragenen Figuren und Mustern auf dem Milchschaum. In Salento hat sich das herumgesprochen – und manche Kolumbianer auf den Geschmack gebracht.

Wie in einem Western-Saloon kommen Einheimische bei ihm vorbei, auf einen kurzen, heißen Schluck. Das Pferd wartet während des „Cafesito“-Schwätzchens mit Jesús geduldig vor der Tür. Auch Touristen stellen sich, zwischen hageren Männern mit offenem Hemd und direktem Blick, gelassen in der langen Warteschlange an. Würziger Duft erfüllt den Verkaufsraum. Wer weiß, vielleicht dauert es nicht lange und Jesús‘ Konzept macht Schule? Denn von den international bekannten Coffeeshop-Ketten wollen die Salentolaner nichts wissen. Auf die Qualität kommt es eben an.
Geheimnisvolle Skulpturen in San Augustin

Eine Tagesreise vom Kaffeedreieck entfernt lockt ein Besuch der archäologischen Parks von San Augustin, Alto de los Idolos und Alto de las Piedras. Wer mit dem Pferd zu diesen Parks reitet, hat einen Genuss der besonderen Art: Es geht vorbei an Bauernhütten, mit bunten Hängematten, Papageien und riesigen, pinkfarbenen Hibiskusblüten vor den Häusern. Mitten im grünen Nichts steht eine Zuckerfabrik, die ziegelsteingroße Kandisblöcke neben ihrem Eingang stapelt und so Kinder aus der Umgebung anlockt. Das Areal wird ruck-zuck ihr neuer Spielplatz.

Noch immer versuchen Archäologen das Geheimnis der über Tausend Jahre alten, in Vulkanstein gehauenen Menschen- und Tierfiguren von San Augustin zu lüften. Bisher weiß man lediglich, dass die Skulpturen als Grabwächter einer noch unerforschten Zivilisation dienten. Einen undefinierbaren Zauber verströmen sie nach all der Zeit dennoch. Im Anschluss an die körperlich fordernde Reit-Tour tun die heißen Quellen von Rivera einfach gut. Und das Gemüse-Omelette, das im Thermen-Café serviert wird, dem Magen auch. Dazu gibt es frisch gepressten Saft, den man sich aus einer Fülle von hierzulande unbekannten Früchten preiswert auswählen kann, typisch für Kolumbien.

Karibisches Flair in Cartagena, Islas del Rosario und Taganga
Ein eineinhalbstündiger Flug nach Cartagena de Indias via Bogotá bringt Reisende in eine völlig andere Welt. Selbstbewusste, traditionell-bunt gekleidete Frauen verkaufen dort ihr Obst, aus hübsch hergerichteten Körben, vor alten Palästen. „Ein Foto von mir? Wo denkst du hin?!“, ruft mir eine der Damen zu. „Erst musst du etwas bei mir kaufen!“ Als ich vier Bananen kaufe und nicht etwa auch noch drei Melonen, fünf Mangos und zehn Orangen, klappt sie keck ihren schwarzen Fächer vors Gesicht. Foto tabu. Karl Lagerfeld hätte es nicht besser machen können.

Abends, von der Dachterrasse des „Café del Mar“, schweift bei einem Bier der Blick auf alte Kanonen, die auf das offene Meer zielen. Eine Erinnerung an die koloniale Vergangenheit. Die nahezu komplett erhaltene Altstadt ähnelt der kubanischen Metropole Havanna und steht wie diese unter dem Schutz der UNESCO. Wem es hier zu feucht-warm ist, der kann sich auf der vorgelagerten Inselgruppe „Islas del Rosario“ beim Tauchen und Schnorcheln erfrischen. Günstig ist die Erholung dort allerdings nicht: mit rund 200 US-Dollar pro Nacht, ohne Frühstück. Aber das gediegene Ambiente in kleinen Hideaways mit dezenten Privatstränden, Möbeln aus Rattan und Naturseifen im Bad wird Romantiker beeindrucken und ihnen noch lange im Gedächtnis bleiben.

Günstiger, aber auch um etliche Kategorien einfacher, sind die kleinen Posadas im Norden des Landes. Beispielsweise im Fischerort Taganga nahe den höchsten Bergen Kolumbiens, im Raum Santa Marta. Auch wenn es hier viel preiswerter ist: der Qualität der gegrillten Fische und Scampi in den vielen Straßencafés des Orts tut das keinen Abbruch. Mit Elan und Lebensfreude zeigen Rucksackreisende und Dreadlock-Träger tagsüber auf den Ufer-Straßen, was sie musikalisch drauf haben. Nachts verwandeln sich die Hügel von Taganga mit ihren Open-Air-Discos und Musikbars in eine agile und moderne Party-Hochburg. Ansteckende Lebensfreude erfüllt die Nacht. „Qué chèvere“, einfach super hier, rufen die Jugendlichen. Qué chèvere“, das lässt sich für ganz Kolumbien sagen, wenn ich meine Augen schließe.
Reiseinformationen:
Anreise:
Lufthansa fliegt täglich von Frankfurt nach Bogotá, www.lufthansa.com. Flugdauer: ca. 11,5 Stunden. Auch Condor bietet mehrmals in der Woche Flüge von 12 Flughäfen in Deutschland nach Bogotá an. Die One-Way-Strecke München-Bogotá, non-stop, z.B. ab 480 Euro im November 2013. 
Reiseplanung:
Der Freiburger Lateinamerika-Spezialist avenTOURa bietet ein breites Spektrum von Kolumbien-Rundreisen an. Die 16-tägige Tour „Tierra Magnifica“ kostet im November 3.290 Euro, inklusive Flug. Im Januar 2014 beträgt der Preis für die Erlebnis-Reise 3.260 Euro. Informationen und Buchung unter Tel. 0761/2116990, www.aventoura.de.
Museen in Bogotá:
Museo de Oro: www.banrepcultural.org/museo-del-oroMuseo de la Esmeralda: www.museodelaesmeralda.com.coMuseo Botero: www.banrepcultural.org/museo-botero
Buchtipp:
Der kolumbianische Künstler Fernando Botero gehört zu den bekanntesten Südamerikas. Der deutsche Regisseur Peter Schamoni hat ihm 2008 den Dokumentarfilm „Botero – Born in Medellin“ gewidmet. Seine Werke der bildenden Kunst, meist gewitzte Skulpturen, Gemälde und Zeichnungen von üppigen Menschen, werden über die Grenzen Kolumbiens hinaus verehrt und wurden schon oft in Deutschland gezeigt. Ein aktuelles Buch stellt seine Arbeiten zum Thema „Zirkus“ vor, ein Sujet, das in der Tradition von Renoir, Picasso und Chagall steht:
Fernando Botero. CIRCUS: PAINTINGS AND WORKS ON PAPER. Mit einem Vorwort von Curtis Bill Pepper, 252 Seiten, mit Abbildungen von 134 Ölbildern und 57 Zeichnungen, Verlagshaus Glitterati, ISBN 978-0-9881745-1-1.
Weiterführende Informationen:
Gute Informationen über Kolumbien findet man in Deutsch unter www.colombia.travel/de und www.kolumbien.de.

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