Corchiano. Die schönste Nachbarin Roms

Kornelia Doren: Wie lange gibt es Corchiano schon und was ist charakteristisch an Ihrem Dorf? 

Bengasi Battisti: Corchiano gehört zu den ältesten Dörfern des Latiums. Es hat eine gemütliche Atmosphäre und ist für Besucher geeignet, denen Stille durchaus willkommen ist. Oder die Vogelkonzerte in der Natur mögen. Corchianos Wurzeln gehen auf das 7. Jahrhundert vor Christus zurück. In der Antike hieß es mit großer Wahrscheinlichkeit „Fescennium“ und hatte bereits Straßen, Aquädukte, Tempel und Wehranlagen. Noch vor den Etruskern und Römern hat hier das Volk der Falisker gelebt. Sie waren Händler und Goldschmiede, sie liebten Wagenrennen und üppige Feste. Die Etrusker waren ihre Verbündeten, doch am Ende, im 8. Jahrhundert, siegten die Römer.

 

Interessanterweise kehrten die Falisker nach dem Fall des Römischen Imperiums wieder hier in ihr Dorf zurück. Die Natur diente ihnen als Schutzwall: Ein üppiges Grün machten ihre, auf Tuffsteinfelsen erbauten, Dörfer fast unsichtbar für Feinde. Flüsse unterhalb ihrer Siedlungen wehrten Eindringlinge zusätzlich ab. In der Renaissance hatte man einen Hang zur Antike und errichtete deshalb bevorzugt Dörfer und Städte auf früheren Etrusker-Siedlungen, so es wie hier die Adelsfamilie Farnese tat. Heute stellt Corchiano das urbane Erbe einer fast 3.000 Jahre alten Zivilisation dar. Wer sich für Geschichte interessiert, dem werden viele Zeichen der Vergangenheit an Häusern, in unseren alten Gassen und in den Etruskergrotten im Naturpark unterhalb Corchianos gefallen. Außerdem leben hier zahme Esel in Freiheit, über die sich Spaziergänger und Familien freuen. Die streichelfreundlichen Tiere halten die historischen Wege im Tal frei.

Wie viele Einwohner hat Corchiano?

Momentan leben 4.000 Einwohner im neuen Gemeindeviertel und nur 500 Bürger im historischen. In den 70er Jahren war das altertümliche Viertel komplett verlassen, es wurde aber vor einigen Jahren wiederentdeckt. Der geschichtlich-kulturelle Wert der antiken Wohnhäuser ist uns allen wieder bewusst geworden. Viele Einwohner haben inzwischen die Wohnungen und Häuser ihrer Vorfahren restauriert. Einige davon sind sogar zu hübschen Ferienapartments geworden.

Wovon lebt Corchiano heute?

Es lebt wieder von Landwirtschaft: Haselnuss-, Oliven- und Weinanbau. Der WWF, der Verband römischer Archäologen und andere Vereine unterstützen uns darin, den historischen Wert unseres Dorfes hervorzukehren und so auch Gäste aus dem Ausland für unser Dorf zu interessieren. Einige Bauern vermieten nun gemütliche Zimmer mit Bio-Frühstück und lokaltypischem Abendessen. Darüber hinaus organisieren sie mit den örtlichen Verbänden Wanderungen, Reitunterricht, kulturelle Führungen und verleihen Mountainbikes, mit denen sich schöne Ausflüge durch Weinfelder zum Berg Monte Soratte und zu drei sauberen Vulkanseen in unserer Umgebung machen lassen.

Viele Deutsche reisen gerne auf eigene Faust. An wen können sie sich für touristische Informationen wenden, wenn sie Corchiano besuchen möchten?

Bed & Breakfast-Unterkünfte finden Besucher unter www.comune.corchiano.vt.it oder unter www.ilmiolazio.it.

Welche Pläne gibt es für Corchianos Zukunft?

Corchiano hat das Glück, dass seine Einwohner fleißig an der Attraktivität des Dorfes arbeiten. Wir möchten hier auch in Zukunft gut und in enger Gemeinschaft leben. Deshalb achten wir auf unsere Umwelt und lieben Bio-Produkte, also Bio-Wein, -Honig, -Öl, -Marmelade und -Fleisch. Wir versuchen, unsere Flüsse, Seen und Straßen sauber zu halten. Ich denke, so wird es auch anderen Gemeinden gehen, die an die künftigen Generationen denken. Vielleicht ist es nur ein Traum, dass der Mensch achtsam mit der Erde umgehen wird. Aber was wäre das Leben ohne Träume?

Vielen Dank für das Gespräch.

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