Kleine Ottomotoren haben ein großes Abgasproblem

Erstellt von Andreas Burkert | |   Forschung und Lehre

Wenn der Dieselmotor rußt, ist der Schuldige für die Feinstaubproblematik schnell gefunden. Doch auch ein spezieller Ottomotor stößt Krebs erregende Russpartikel aus. Über die Menge sind Forscher entsetzt.

Der Elektromobilität zum Trotz wird der Verbrennungsmotor auch in naher Zukunft das Klima auf der Straße bestimmen. Jedes Jahr werden rund 73 Millionen Personenwagen und 18 Millionen Nutzfahrzeuge produziert. Alle drei Sekunden wird also ein Automobil „geboren“. Dass in den Fahrzeugen vor allem Ottomotoren zum Einsatz kommen, wird den Dieselgegner freuen. Auch dass die Automobilbranche immer öfter Motoren mit weniger Hubraum einsetzen, sogenannte Downsizing-Motoren, sollte froh stimmen. Wäre da nicht die dafür oftmals notwendige Benzin-Direkteinspritzung und Turboaufladung.

Diese Technik schone zwar die Umwelt und spare Sprit, argumentieren die Hersteller. Doch eine genaue Analyse der Abgasemissionen offenbart , dass wir uns nicht ausschließlich vor dem Diesel wegen der Krebs erregenden Russpartikel fürchten sollten. Auch moderne Ottomotoren mit Direkteinspritzung und Turboaufladung stoßen diese in große Mengen aus. Das haben aufwendige Untersuchungen ergeben, die im Rahmen des Forschungsprojekts GasOMeP (  ) stattfanden. Kleine Motoren mit Benzin-Direkteinspritzung und Turboaufladung stoßen bis zu 100-mal mehr feine Russpartikel aus als ein zum Vergleich gemessene Diesel-Peugeot mit Partikelfilter.

Darum sind feine Rußpartikel so gefährlich

Die Resultate sind ernüchternd, die Folgen für die Gesundheit fatal. Die Partikel aus den Benzinmotoren sind im Mikroskop ähnlich klein wie Russpartikel, die den Diesel einst in Verruf brachten: Es sind Primärpartikel mit 10 bis 20 Nanometer Größe, die sich zu 80 bis 100 nm grossen Partikelagglomeraten zusammenlagern, bevor sie den Auspuff verlassen. „Einmal eingeatmet, bleiben solch kleine Partikel für immer im Körper“, so Empa-Forscher Heeb. Sie können erwiesenermaßen die Membran menschlicher Lungenbläschen passieren und so in den Blutkreislauf gelangen.

Die Partikel sind allerdings nicht das einzige Problem, wie Norbert Heeb erklärt: „Auf der Oberfläche der Partikel lagern sich flüssige oder feste chemische Gifte aus dem Verbrennungsprozess ab, unter anderem polyzyklische Aromaten. Diese Substanzen können mit den Partikeln in den Blutkreislauf geschleust werden wie in einem Trojanischen Pferd.“ Maria Munoz, Heebs Kollegin in der Empa-Abteilung „Advanced Analytical Technologies“, schaute sich die Abgase der einzelnen Probanden aus dem Projekt GasOMeP genauer an.

Krebserregendes Benzo(a)pyren in den Abgasen

Sie fand das Verbrennungsprodukt Benzo(a)pyren, eine bekanntermaßen Krebs erregendes Substanz, die auch im Zigarettenrauch vorkommt. Die Weltgesundheitsorganisation WHO hält bei Benzo-(a)pyren jede Dosis, auch die kleinste, für wirksam. Die EU hat sich auf einen Luftgrenzwert von einem Nanogramm pro Kubikmeter Luft geeinigt. Die Abgase der gemessenen Autos liegen bis zu 1700-fach darüber. Anders herum gerechnet: Ein Kubikmeter Abgas macht aus bis zu 1700 Kubikmetern sauberer Luft eine nach EU-Standard Krebs erregende Mischung.

Auch hier schnitt das zum Vergleich getestete Euro-5-Dieselfahrzeug mit Partikelfilter besser ab: Der Peugeot emittierte im Test nur 45 Nanogramm krebserregende Substanzen – sechsmal weniger als der Beste der getesteten Benzin-Direkteinspritzer. Vor diesem Hintergrund mahnen die Forscher: „Die Politik muss an dieser Stelle handeln“. Auch weil im Jahr 2020 europaweit 50 Millionen solcher Benzin-Direkteinspritzer unterwegs sein werden. Bezugnehmend auf die Ergebnisse, die Ende März auf einer Tagung in der Empa-Akademie vorgestellt wurden, empfehlen die Forscher, auch für Motoren mit Benzin-Direkteinspritzung und Turboaufladung einen Partikelfilter.

„Im Moment wird nicht die beste verfügbare Technologie eingebaut“, bemängelt Norbert Heeb und mahnt zur Eile: „Neu im Markt eingeführte Abgastechnologien brauchen in der Regel 13 Jahre, bis sie ihre Wirkung vollständig entfalten, erst danach sind neun von zehn Autos aus dem Fahrzeugbestand ersetzt. Je früher also Partikelfilter für Benziner zur Pflicht werden, desto besser für unser aller Gesundheit.“

Wie wurden die Ottomotoren gemessen?

Um die Emissionen von Ottomotoren mit Benzin-Direkteinspritzung und Turboaufladung wissenschaftlich zu untersuchen, wurde im Frühjahr 2014 das Forschungsprojekt GasOMeP (Gasoline Vehicle Emission Control for Organic, Metallic and Particulate Non-Legislative Pollutants) gestartet. Mit dabei: Das Paul-Scherrer-Institut (PSI), die Berner Fachhochschule, die Fachhochschule Nordwestschweiz, mehrere Industriepartner und die Empa. Finanziert wurde das Projekt durch das Kompetenzzentrum für Energie und Mobilität des ETH-Bereichs (CCEM). Die Koordination des Projekts übernahm der Empa-Chemiker Norbert Heeb, der sich in den letzten 25 Jahren mit der Analyse von Dieselemissionen und der Untersuchung von Filtersystemen einen Namen gemacht hat.

Die Forschungsgruppe wählte sieben Benzin-Direkteinspritzer aus, darunter einen Mitsubishi Carisma (Baujahr 2001, Abgasnorm Euro 3). Die anderen Fahrzeuge stammten aus den Jahren 2010 (VW Golf, Euro 4) bis 2016 (Citroën C4, Euro 6b). Zum Vergleich wurde ein aktueller Peugeot 4008 mit Dieselmotor und Partikelfilter mitgemessen (Baujahr 2013, Euro 5b). Alle Fahrzeuge wurden nach dem Zyklus WLTP (Worldwide Light-Duty Vehicles Test Procedure) gemessen, der ab September 2017 für neu zugelassene Modelle Pflicht wird.

Zurück
Auch kleine Otto-Motoren emittieren krebserregenden Feinstaub. (c) Andreas Burkert