Nordlicht in Nordnorwegen: Das Wunder der Lofoten

Erstellt von Andreas Burkert | |   News

Keinen Schritt weiter! Hier, an den nördlichen Ausläufern der Lofoten, ist der beste Platz für Naturschauspielbewunderer. Fast an jedem Abend leuchten die Polarlichter – mal in Neongrün, mal in rosarot je nach Intensität. Ein Vorhersage war schwer – bis Rob der Holländer seine Empfangsantennen ausfuhr und die Leuchterscheinung auf wenigen Minuten genau voraussagen kann.

Als junges Mädchen hatte Wenche großen Respekt vor dem Leuchten am Nachthimmel. Einer Sage nach, die ihr die Großmutter einst erzählte, bringt es Unglück, dem Nordlicht mit einem weißen Tuch zu zuwinken oder gar hinterher zurufen. Also hat sie mit dem nötigen Respekt in ihrer Kindheit das Nordlicht beobachtet. Heute – mehr als ein halbes Jahrhundert später - führt uns Wenche Lesniak zu jenen Plätzen in Nordnorwegen, von denen wir das Polarlicht in allen Variationen und frei von störenden Umgebungslichter beobachten können.

Wenche ist heute Reiseleiterin des Touristenbüros 68-Lofoten und natürlich spezialisiert auf Polarlichttouristen, denen sie gerne ihre Geschichte erzählt. Und selbstverständlich kennt sie darüber hinaus die 80 Inseln, die bis zu 200 Kilometer nördlich des Polarkreises vor Norwegen im Nordatlantik die Lofoten bilden. Der Archipel ist eine schroffe Felsengruppe, an der sich an manchen Tagen mächtigen Wellen der eiskalten Nordsee brechen. Die langen Winter, die Abgeschiedenheit, vor allem aber die beschwerliche Anreise waren nur für wenige Menschen der Grund, sich in der Gegend niederzulassen.

Außer den Wikingern, die um das 9. Jahrhundert auf dem Archipel ihren Stützpunkt errichteten, schien niemand großes Interesse an den Inseln gehabt zu haben. Doch heute sind die Lofoten beliebt. Naturverbundene Touristen und Aktivurlauber durchwandern gerne das Land. Schon wenige Schritte genügen, um dem Trubel zu entkommen. Denn die Lofoten sind dünn besiedelt. Willkommen in der Einsamkeit.

Die Lofoten: Eine Fahrt über Fjord und Felsen

Kaum mehr als 24.000 Menschen leben auf den Lofoten, die, zieht man die Wasserfläche zwischen den Inseln ab, etwa 1300 Quadratkilometer einnehmen. In den Sommermonaten –in der Regel sind dies die drei Monate ab Ende Mai – kommen dann die Touristen. An Bord von Kreuzfahrtschiffen, Liniendampfern oder Reisebussen werden sie angeliefert. Spannender ist hingegen das Anreisen mit dem eigenen Wagen - beziehungsweise das Entdecken der Inseln mit dem Auto.

Seit dem filigrane Brücken und kilometerlange Tunnel die Inselgruppe mit dem Festland verbinden, ist das Erkunden ein Kinderspiel. Die Europastrasse 10 ist dabei der Wegweiser einer abenteuerlichen Fahrt – vorbei an einer beeindruckenden Bergkulisse, vorbei an Sandstränden, die zwar klein sind aber an manchen Tagen in einem azurblauem Meer enden und vorbei an historischen Bauten wie dem Wikingermuseum in Borg.

Mit Å, einer kleinen Ortschaft, endet die Reise auf der Hauptverkehrsstraße, die in Svolvær auf der Insel Vagan beginnt. Danach geht’s nur noch zu Fuß weiter.Wir haben im Übrigen die Distanz München – Evenesmit dem Flieger in drei Stunden bewältigt. Dann im Fernbus mit WLAN-Verbindung weitere zwei Stunden bis zur Lofoten-Hauptstadt Svolvær.

Naturtourismus zwischen Ölförderung und Windenergie

Dank der guten Verkehrsinfrastruktur finden immer mehr Touristen den Weg an den äußersten Rand des Königsreichs Nordnorwegen. Und das ist auch gut so: Der Tourismus ist für die Bewohner zur wichtigen Einnahmequelle geworden. Und die Natur ist ihr großes Kapital. Dass die Lofoten vor kurzem eine große Chance verpasst haben, in den Kreis der Weltkulturerben aufgenommen zu werden, wird dem Tourismus nicht unmittelbar schaden aber auch nicht fördern.

Der Interessenkonflikt, entweder mit Schwarzem Gold oder mit dem Tourismus die Kassen zu füllen, teilt die Lofoten. Die einen fürchten um die Zukunft der Erdölversorgung, die andern sehen eine Gefahr für die unberührte Natur. Und die Parlamentarier im Storting? Sie denken über das Windpotenzial der Lofoten nach und wollen gigantische Windparks errichten.

Das Golsfjell-Plateau in Südnorwegen

Fernab der Zivilisation, auf dem Golsfjell-Plateau in Südnorwegen, lässt es sich verdammt lang wandern. Wer alle Wanderwege, die an jeder Kreuzung sehr gut beschildert, wandern möchte, ist Wochen unterwegs. Hier gehts zur Fotogallerie!

Werden die aber weit draußen im Norwegischen Meer gebaut und sind sie auch vom letzten Zipfel der Lofoten nicht zu erkennen, so wird sich auch der naturverbundene Tourist nicht daran stören. Denn die Aussicht auf eine wilde Landschaft ist beliebt – vor allem bei deutschen Gästen. Das erzählt Jan Rune Yanni Vikan, Tourismuschef der Lofoten in Svolvær. Und sie alle blicken – wie auch wir – tagsüber auf die Felsen und Fjorde und am Abend in den Himmel. Denn in der Nacht verrät sich das Nordlicht durch sein neongrünes Leuchten, oder rotes Leuchten, oder gar nicht.

Und Rob der Holländer ist Polarlichtjäger

„Es ist eine Frage von Intensität“, erklärt uns Rob Stammes. Rob ist Holländer, seit mehr als fünf Jahren in Nordnorwegen angekommen und Polarlichtjäger. „Ich habe den direkten Draht nach oben!“, sagt er. Darum weiß er immer bis zu drei Tage vorher, wann und wo das Nordlicht erscheint. Warum das so ist, erklären wir später. Zunächst die Grundlagen über Aurora borealis, die beim Auftreffen geladener Teilchen des Sonnenwindes auf die Erdatmosphäre in den Polargebieten der Erde hervorgerufen wird. Je größer eine Sonneneruption ist, umso intensiver fällt später das Nordlicht aus.

Und genau das erklärt Rob jedem in seinem Polarlichtzentrum in Laukvik, ausführlich und mit hohem Engagement. Immer wieder steht er auf, holt ein Buch, zeigt es mit Stolz – hat er immerhin vor Jahren geschrieben - schaut auf seine Aperrate oder aber läuft nur sprechenderweise herum. Seine Frau Teresa versorgt uns unterdessen mit Kaffee und Keksen.

Dann versteigt er sich in das Thema, redet von elektrisch geladenen Teilchen, von Protonen und schweren Ionen. Und von seinen Messgeräten, auf die er an manchen Abenden stundenlang starrt. Mit aber fallen die Worte von Wilhelm von Humboldt ein: “Ich könnte stundenlang mich nachts in den gestirnten Himmel vertiefen, weil mir diese Unendlichkeit fernher flammender Welten wie ein Band zwischen diesem und dem künftigen Dasein erscheint.”.

Später, in Laukvik ist es bereits dunkel, fühlen auch wir uns als Forscher. Wir sind vorbereitet auf jedes Nordlicht, welches die kommenden Tage erscheinen soll. Denn Rob bietet einen Nordlichtwarnservice an, der uns per SMS mitteilt, wann in den nächsten drei bis fünf Minuten ein solches erscheint. 

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Einmal Lofoten, einmal frei. (c) Andreas Burkert